von zzz » Sa, 26. Nov 2022, 3:05
Ich komme gerade vom Nordkapp.
Diese Reise war die Erste in den etwas höheren Norden. Sie war verbunden mit einigen Strädtetrips.
Meine "Grundausrüstung" war/ist ein BMW 325d (Limousine) Baujahr 2017, Heckantrieb.
Winterreifen waren/sind GY UltraGrip 9, beim Start der Reise vorne 5 mm, hinten 6 mm. Jetzt habe ich nicht gemessen.
Dieser November war alles Andere als Winter. "Winter" hatte ich nur auf der Rückreise ab Alta und durch Lappland.
Nun ist das so - je kälter desto einfacher ist das Fahren, desto weniger "rutscht" es. Bei -16°C habe ich es mit Straßenschuhen nicht geschafft, auf einem zugefrorenen See zu gleiten.
Ein Gespräch mit einem Deutschen, der in Lappland lebt, hat ergeben, dass die Spikes besonders dann notwendig sind, wenn Nässe vereist, also im Frühjahr, wenn es tagsüber schmizt und nachts oder an anderen Tagen dann wieder gefriert. Dann läuft ohne Spikes nicht viel.
Im November war auch ganz deutlich, dass die Temperaturen an der Küste milder waren als im Landesinneren. Trotzdem waren die Straßen teils durchgehend mit Eis, Schnee oder festgefahrenem Schnee bedeckt. Es gab aber auch viel Asphalt ohne Rutschmaterial drauf. Im Norden wird natürlich nicht gesalzen, es wird aber sehr gut geräumt, und es wird sehr viel Split gestreut, was eine deutliche Griffigkeit mit sich bringt. Die Asphaltdecke ist auch serh rauh, dadurch ist Eis oft nicht das Problem.
Ich habe mich auch in Erwartung von Schnee und Eis mit den "normalen" Winterreifen nach Norden "gewagt" - hatte aber viel Notausrüstung dabei (Abschleppstange, Kette für Bergung [falls ich in den Straßengraben rutschen sollte], und zwei Satz Marken-Schneeketten [Reserve für den Fall eines Defektes]. Ich habe nichts davon gebraucht.
Das alles schätze ich nach meiner Reise als wichtige Grundgedanken, aber Schnee und Glätte sind nicht die wirklichen Reisehindernisse. Die wirklichen Reisehindernisse sind "die Anderen".
Eine Woche vor uns sind auf der Straße zwischen Alta und Honningsvag mehrere Leute von der Straße abgerutscht (Eisbildung). Kurzerhand war die Strecke tagelang gesperrt. Insofern ist die Ausrüstung ziemlich egal, wenn Straßen wegen Leuten mit falscher Ausrüstung gesperrt werden.
Sobald es halbwegs in den Norden geht, findet man entlang der Routen immer wieder Schranken. Diese können die Straße sperren, oder den Kolonnenverkehr organisatorisch unterstützen. Heißt: Deine Ausrüstung ist eine Sache, ob die Straße überhaupt offen ist, oder ob eine Kolonne geführt wird - und wann ist die andere Sache.
Grundvoraussetzung für Polarlichter ist der wolkenlose Himmel und natürlich auch die Sonneneruption, die Polarlichter erzeugen kann. Wenn Straßen wegen Verkehrschaos gesperrt werden, ist der wolkenlose Himmel ohnehin meist sehr weit weg.
Wolkenfreier Himmel und eine mittelkräftige Eruption haben uns Polarlichter vom Polarkreis bis zum Nordkapp gebracht. Die besten beobachtungspunkte teilken gerne Einheimische mit (pensions- und Hotelbetreiber - Einer hat uns sogar geweckt, als Polarlichter aufkamen).
Die Zufahrt zum Nordkapp ist meist über Kolonne organisiert. Wenn die Straße nicht zu vereist/verschneit ist, ist sie aber auch ganztags und ganznachts offen. Die Rezeption des im Winter einzigen, offenen Hotels kann Tipops geben.
Und hier ist also der Knackpunkt der Reise: um zu einem guten Beobachtungspunkt zu kommen, brauchst Du offene Straßen.
Dazu kommt der wolkenlose Himmel und die passende Sonnen-Eruption. Letztere wird in einschlägigen Apps in einer Kartenansicht gerne angezeigt.
Was Du also brauchst:
- ein gutes Auto
- gute Winterreifen
- immer voller Tank
Was Du meiner Meinung nach mitnehmen solltest:
- Schneeketten
- Abschlepphilfen
Nach Norden hin wird es mau mit Tois. Sie sind FAST alle zu (wohl, damit das Wasser nicht gefriert). Auch sonstige Läden, wo man "könnte" sind rar. Tankstellen sind meist nur mit Automaten, nicht mit Ladengeschäft und Toilette.
Unterkünfte habe ich über Booking gebucht. Kriterien im Norden:
- Tois und Dusche (meistens)
- Preis
- Rezeptiuon bis spät in die Nacht, ersatzweise Schlüssel irgendwie zur Verfügung stellen
Viele verlangen Aufpreis für Handtücher und Bettwäsche, deswegen ist es praktisch, diese Dinge dabei zu haben (wir haben 2x1m-Spannbettlaken und 1x 2x2 m Spannbetlaken + Kissen und Deckenbezüge dabei)
Empfehlen kann ich (nur Übernachtungen auf dem Weg nach Norden/von Norden)
- Stav Holtel Malvik bei Trondheim (mittelschön, Waffeln zum selbermachen vom Nachmittag bis abends. Taugt soweit. Aktuell Mega-Baustelle, unbedingt auf der E6 anfahren, sonst wird es mühsam)
- Vestvatn Arctic Cabins Brekke (hier Tois mit drin, aber keine Dusche - die wäre gemeinschaftlich). Top sauber, top Gastgeber, mögliche Sichtung von Polarlicht direkt vom Grundstück).
- Lapphaugen Turiststasjon Tennevoll (Top-Lage mit direktem Blick auf's himmlische Feuerwerk, wenn man nach hinten auf dem Grundstück geht)
- Scandic Bryggen in Honningsvag (brauchbar sauber, leider unschöne Teppiche, tolles Team und grandioses Früshtsücksbuffet)
- Alta River Camping (Weltklasse. Aussicht auf Nordlichter entweder von der Höhe ca. 1,5 km entfernt, oder vom Alta River, ein Zipfel gleich hinter dem Flughafen. Der Zipfel ist leider ziemlich bevölkert, auch mit D*ppen, die ihre Auto-Scheinwerfer anlassen. Tipps von der Wirtin holen).
- Sangis Motell och Camping (wird von einer Schweizerin betrieben - entsprechend schweizerisch ist der Laden - picco bello).
Auf dem Weg zum/vom Norden erscheinen mir diese Übernachtungsstätten als ausreichend. Zwischen Alte und Honningsvag kann es aber zu massiven Verzögerungen kommen.
Der Nordkapp ist eine grandiose, ziemlich sichere Beobachtungsposition. Während "unten" durchgehend wolkig, diesig und neblig war, war der Nordkapp durchgehend frei. Dort zerreißt der Wind ziemlich alles, was die Sicht auf die Polarlichter verdecken könnte. Die wärmste Ausstattung an Kleidungm, die ich dabei hatte, hat mich deswegen außerhalb des Autos nicht lange geschützt.
Auf den Nordkapp soll/muss man allerdings hoch DÜRFEN... Mit einem Wohnmobil stellt sich die Frage nicht - kannst dort oben übernachten und so lange gucken, wie Du willst. Wo kein Kläger, da kan Richter. Ich habe zwei Wohnmobile mindestens zwei mal übernachten gesehen. Trotzdem ziehe ich die Limousine zum Reisen vor.