von Norwegenfan » Do, 19. Jun 2008, 18:25
Hallo,
hier bin ich wieder mit dem Abschluss meines Berichts. Viel Spaß beim lesen für die, die dabei waren und für alle anderen, die diese schöne Reise vielleicht noch vor sich haben.
Beginn Südroute
Nachmittags in Vardo haben wir wieder herrlichen Sonnenschein. Vardo ist die östlichste Stadt Norwegens und liegt auf einer Insel, auf gleicher geografischer Länge wie Istanbul oder Kairo und ist die älteste Stadt in der Finnmark, gegründet 1306 als Bollwerk gegen die Russen. 1982 wurde die Stadt durch Norwegens erstem Meerestunnel (2800 m lang, tiefster Punkt unter der Meeresoberfläche 88m) mit dem Festland verbunden.
Wir besichtigen die achteckige Festung Vardohus, fertiggestellt 1738. Hier wird am 20. Januar, wenn die Sonne zum ersten Mal wieder am Horizont erscheint, Salut geschossen und die Schulkinder haben einen freien Tag.
Die Rückfahrt durch die Barents-See bekommt mir nicht so gut und ich verzichte auf das Abendessen. Später bin ich aber wieder fit zum Rommé spielen.
Am nächsten Morgen verschlafen wir diesmal Honningsvag (andere machen einen Ausflug zum Frühstück am Nordkap). Wir genießen unser Frühstück an Bord und sehen, wie die MS Trollfjord an uns vorbeizieht. Jeden Tag treffen wir ja auf ein anderes Schiff der Hurtigruten-Linie. Wenn es zufällig im selben Hafen liegt, können wir es auch besichtigen.
Am späten Vormittag sind wir in Hammerfest, der nördlichsten Stadt der Welt mit der nördlichsten katholischen Kirche der Welt. Wir sind 1000 km nördlich des Polarkreises und damit auf der Höhe von Mittel-Grönland. Die Insel, auf der Hammerfest liegt, heißt nicht umsonst Kvaloya, was Insel der Qual bedeutet. Auch hier wie überall sind die Folgen des Zweiten Weltkrieges spürbar. Allerdings scheint es mittlerweile durch den Tourismus so etwas wie ein normales Verhältnis zu den Deutschen zu geben.
Nach dem Mittagessen lockt die Sonne wieder aufs Deck zum Sonnenbad, später legen wir in Oksfjord an, überqueren dann wieder eine offene Seestrecke Lopphavet bis zum nächsten Hafen Skjervoy und endlich um 23.45 Uhr sind wir wieder in Tromsö.
Hier verlassen wir unser Schiff und fahren zur Eismeerkathedrale (Tromsdalen Kirke), um dort ein Mitternachtskonzert zu hören. Drei junge Musiker/innen (Sopran, Flöte und Klavier) präsentieren ein wunderbares Programm aus Klassik und norwegischen Volksliedern in dieser stimmungsvollen Umgebung. Wieder an Bord klingt die Musik noch lange in uns nach. Es ist 2.00 Uhr morgens und noch taghell.
Der 9. Tag führt uns entlang der Vesteralen durch die schmale Risoy-Rinne nach Risoyham, Sortland (die blaue Stadt) und Stokmarknes, wo wir jeweils an Land gehen. In Stokmarknes steht ein Denkmal des Namensgebers unseres Schiffes Richard With, dem Gründer der Vesteralen Dampskibsselskab und „Vater der Hurtigruten“ sowie das Hurtigruten-Museum.
Nun nehmen wir Kurs auf die Lofotenwand, eine 170 km lange Inselkette. Zwischen den Steilwänden öffnet sich die nur wenige hundert Meter breite Fahrrinne des Raftsundes. Direkt an der Öffnung dieses vielleicht dramatischsten Wasserweges des Nordens geht es unter der gigantischen Bogenkonstruktion der 1997 fertiggestellten Raftsundbrücke hindurch. Den Trollfjord erleben wir nun noch einmal bei herrlichem Sonnenschein!
Abends verlassen wir in Svolvaer das Schiff zu einem Landausflug und steigen knapp 4 Stunden später in Stamsund wieder zu. Wir fahren über die Inseln durch Tunnels und über Brücken, besuchen Henningsvaer, das Klein-Venedig des Nordens und die Gallerie Lofotens Hus mit einer umfangreichen Kunstsammlung Nord-Norwegens. Wir sehen riesige Trockenfisch-Gestelle, auf denen der Dorsch zum Trocknen aufgehängt ist. Stockfisch wird vor allem nach Italien exportiert. (deren Zungen nach Frankreich, Köpfe nach Nigeria).
Am 17. Mai ist in Norwegen Feiertag, Grunnlovsdagen, der Tag des Grundgesetzes. Was für ein Tag! Überall sind Fahnen, die Orte sind geschmückt.
Zuerst überqueren wir noch mal um 9.15 Uhr den Polarkreis. Auch hier auf einem Felsen eine Weltkugel, die herrlich in der Sonne leuchtet.
Ankunft in Nesna. Musikkapellen spielen. Die Bevölkerung des kleinen Ortes ist am Hafen und begrüßt uns herzlich und zeigt sich stolz in ihren jeweiligen Trachten. Fähnchen werden geschwenkt, auch wir haben uns eine zugelegt.
Es geht weiter nach Sandjessjoen. Dort werden wir ebenfalls schon von der Bevölkerung und den Musikkapellen der verschiedenen Schulen erwartet. Gemeinsam mit den Bürgern gehen die Passagiere der Hurtigruten zum Marktplatz, wo es eine Feier mit Rede zum 17. Mai gibt. Es ist ein großes Fest für alle Norweger.
Der Tag ist noch lange nicht zu Ende, als wir wieder auf das Schiff zurückkommen. Es erwarten uns noch einige geologische Besonderheiten.
Ein siebengipfeliger Gebirgsstock, genannt „Die sieben Schwestern“ fasziniert uns. Es handelt sich der Sage nach um sieben Prinzessinnen, die auf der Flucht vor Hestmannen, dem Sohn des Trollkönigs, sich dort erschöpft niederwarfen. Hestmannen aber verfolgte weiter seine Angebetete Lekamoya und da sie ihn verschmähte, Pfeil und Bogen auf sie anlegte. Diese Tat vereitelte der König von Somna, indem er seien Hut dazwischen warf. So durchbohrte der Pfeil den Hut, der bei Torgar genau in dem Moment niederfiel, als die Sonne aufging, die alles zu Stein erstarren ließ. Der Hut ragt seit jener Zeit als Torghatten aus dem Meer und Lekamoya wurde zur Insel Leka.
Voller Spannung fahren wir auf den 260 m hohen Berg Torghatten zu. Tatsächlich sehen wir einen weißen Fleck, es könnte ein Schneefeld sein. Wir erkennen, dass es Sonne ist, die da hindurchscheint. Das Schiff beschreibt eine Schleife und wir fahren von der anderen Seite auf den Berg zu. Nun sehen wir es genau, ein Loch, 35 m hoch, 15-20 m breit und eine Tiefe von 169 m, mitten im Berg! Ein herrliches Fotomotiv!
Abends passieren wir Rorvik und fahren wieder über eine offene Meeresstrecke Folda.
Am 11. Tag frühmorgens legen wir in Trondheim an. Im Hafen liegt auch die MS Finnmarken, das neueste und größte Schiff der Hurtigruten. Natürlich besichtigen wir es. Es ist größer als die Richard With und hat sogar ein Schwimmbad an Deck.
Noch einmal laufen wir in die Stadt, schauen uns die auf Pfählen stehenden Speicherhäuser von Bryggene an. Es ist Sonntag und die Stadt schläft noch. Im herrlichen Sonnenschein leuchten die bunten Häuser.
Nachmittags sind wir in Kristiansund, einer Stadt auf drei Inseln. Malerisch liegen die Häuser an den Hängen. Wir überqueren die Hustadvika, fahren an Bud vorbei, das im Mittelalter die wichtigste Handelsstelle zwischen Trondheim und Bergen war, kommen nach Molde. Kurzer Landgang. Die Koffer müssen gepackt werden.
Unser letzter Tag auf dem Schiff bricht an. Die Koffer werden um 9.00 Uhr abgeholt, die Kabinen müssen bis 10.00 Uhr geräumt sein. Wir frühstücken in aller Ruhe und nutzen anschließend das Sonnendeck. Informationen, dass die Flughäfen in Norwegen bestreikt werden, machen die Runde. Wir haben noch eine Übernachtung in Bergen, Sorgen machen wir uns keine.
Nach dem Mittagessen ist gegen 14.00 Uhr Ankunft in Bergen. Wieder empfängt uns die Stadt mit Sonne. Abschied von der Richard With, Transfer zum Hotel und dort einchecken. Nun ist sicher, dass u.a. der Flughafen Bergen bestreikt wird. Gegen Mitternacht sollen wir erfahren, ob und wie wir aus Bergen herauskommen. Wir machen uns keine Sorgen und bummeln wieder über den Fischmarkt. Diesmal fahren wir auch auf den 320 m hohen Floyen mit der Floibanen, einer Standseilbahn. Der Blick auf Stadt, Hafen und Umgebung ist atemberaubend. Ganz klein sehen wir unser Schiff, das schon für die nächsten Passagiere bereitsteht und um 20.00 Uhr wieder auslaufen wird.
Wir machen eine kleine Stadtrundfahrt durch Bergen. Einkäufe werden getätigt und abends essen wir vorzüglich in einem urigen Gasthof. Wir probieren die italienische Spezialität Baccalao, den norwegischen (getrockneten) Stockfisch, gewässert und mit Zwiebeln, Tomaten und Knoblauch.
Spät abends kommen wir ins Hotel und erfahren, dass wir am nächsten Morgen um 8.20 Uhr mit dem Bus abgeholt und zum Flughafen nach Haugesund gefahren werden. Wie wir von dort weiterkommen, wissen wir noch nicht. Wir nehmen alles mit Humor.
Die Abholung klappt pünktlich. Drei bis vier Stunden Busfahrt liegen vor uns. Andere haben weniger Glück und müssen bis Oslo oder Alesund fahren.
Wir fahren über die E 39 und sehen wieder eine wunderschöne Landschaft. Dann eine Überraschung: wir dürfen Autofähre fahren! Dadurch wird die Fahrt natürlich sehr angenehm und wir genießen den zusätzlichen Ausflug. Wieder auf der Straße noch ein interessanter Höhepunkt: wir fahren durch den Tunnel Bamlaffjordtunnelen, 7860 lang und der tiefste Punkt 260 m unter dem Meer. Unsere Stimmung ist gut.
Ankunft in Haugesund. Der kleine Flughafen ist natürlich total überfordert. Wir erfahren, dass wir nach Oslo geflogen werden. Jeder einzelne Flug wird manuell umgebucht. Die Zeit wird knapp, in zwei Stunden geht der Flieger. Wir erreichen, dass wir von Oslo direkt nach München fliegen können, statt wie vorgesehen über Frankfurt nach München. So landen wir abends nur einige Stunden verspätet und überglücklich in München.
PS: Die Fahrstrecke Bergen – Kirkenes – Bergen beträgt 5050 km/3156 miles
Ende
Viele Grüsse
Ursula