Donnerstag, 18.8.22Der Wecker geht in aller Frühe: um 7 Uhr. Ich stehe natürlich als Erste auf, bereite schon mal das Frühstück vor und genieße bei Sonne meinen letzten Espresso hier für dieses Jahr. Das Wetter ist wunderbar – also schlecht für die Abreisestimmung. Alle helfen bei den letzten Handgriffen, wir müssen ja die Fähre um 9.45 Uhr bekommen.

Kurz nach 10 fahren wir ab Årsnes Richtung Odda, von hier aus ins Tal der Wasserfälle… Auch wenn ich schon x-Mal hier war: ich muss kurz am Låtefossen halten.

Von hier aus geht’s durch den „Schlingentunnel“ wieder nach Røldal, ein kurzer Tank- und Essensstopp, dann fahren wir wieder über das Haukelifjell (mit gesperrtem Tunnel und deshalb wieder über den Gamle Veien) Richtung Osten. Die E134 verlassen wir in Brunkeberg und fahren ab hier die 41 nach Süden. Eine wunderschöne Gegend hier in der Telemark, vor allem als wir an den See Nisser kommen, der mit schönen Sandstränden aufwartet, aber leider ist es regnerisch heute. Wir fahren bis zur Fjone Ferja, der letzten Kabelfähre Norwegens mit Platz für maximal drei Autos.

Sie transportiert seit 1976 Personen und Autos knapp 400 m über den Fjonesundet. Der Kapitän holt uns gut gelaunt ab und bringt uns über den See, voll süß diese Fähre. Gebucht habe ich ein Häuschen über die Homepage eines Campingplatzes. Offenbar hat der CP noch Häuser von Privatpersonen auf seiner HP, denn den Schlüssel holen wir direkt bei der Vermieterin ab, von der ich unterwegs eine SMS bekommen habe mit ihrer Adresse. Wir fahren zur ihrer Farm einen Hügel bis ganz hinauf, bis es nicht mehr weiter geht und holen die Sachen ab: Schlüssel, Handtücher und zwei Kanister Trinkwasser... Trinkwasser? Habe ich da was übersehen? Ich schaue nach und merke, dass wir kein fließendes Wasser in der gebuchten Hütte haben. Nach meinem Lachanfall fahren wieder ein Stück runter, biegen irgendwo ab (erst einmal falsch…), müssen durch eine abgeschlossene Schranke (Schlüssel am Bund) und ab hier nochmal 4 km durch die Wildnis. Immerhin ist die Schotterstraße erstaunlich gut. Elchland, denke ich mir gerade, als ein Auerhahn den Weg entlang läuft. Ich habe noch nie einen wilden Auerhahn gesehen! Klasse
Wie hat Gunnhild, die Vermieterin, so schön geschrieben: after circa 4 km you find the one and only cabin. Ja, da ist sie - ganz einsam am See, nichts weit und breit, der See und das ganze Tal nur für uns. Wir dachten ja, bei Laila sei es ruhig… aber das hier toppt alles. Idylle pur. Der See liegt so ruhig da, kleine Inselchen mit Bäumen darauf, alles in der Nebelwolke - es ist herrlich. Hier ist alles voller Blaubeeren, die Kinder sind gleich im Sammel- und Essfieber. Es regnet leicht, was gut gegen die Mücken ist, die wir bei der Blaubeersuche aufscheuchen… es sind einige - aber gestochen werden wir nicht.


Wir müssen uns erst einmal zurecht finden. Die Hütte hat ein Solarpannel, der Strom wird in zwei Akkus gespeichert. Es gibt wenige Lampen, die wir später auch nur sparsam verwenden, weil wir nicht wissen, wie lange die Akkus halten. Es gibt kein fließendes Wasser - Wasser zum Waschen und Spülen holen wir in Eimern vom See (ca. 30 m entfernt). Der Herd wird mit Gas aus der Flasche betrieben. Eine Toilette gibt es - ein Trocken-WC, aber hier gibt es kein Licht - gut zu wissen für heute Abend / Nacht, die Stirnlampen werden bereit gelegt, denn man muss auch noch aus der Haustür hinaus, um zur Toilettentür zu kommen. Nachdem wir alles erkundet haben, gibt es Linseneintopf … fertig aus der Dose. Allen schmeckt‘s - wahrscheinlich auch wegen dieser urigen Umgebung

Gegen acht kommt noch die Vermieterin vorbei, wir klären noch ein paar Fragen und bezahlen. Sie gibt uns den Tipp, wenn wir Elche sehen wollen, zu ihr zur Farm hoch zu fahren - da kämen fast jeden Abend zwischen acht und zehn Uhr Elche auf ihre Wiese, aber auch hier an ihrer privaten Schotterstraße sollen wir mal links und rechts schauen. Also machen wir gegen acht noch einen Spaziergang entlang des Weges, beschließen aber nach einer halben Stunde, lieber zu ihr noch zu fahren. Also ab ins Auto und die Schotterpiste entlang. Wir fahren langsam und halten die Augen offen. Da! Links steht ein Elch und schaut uns an. Jaaaaaa, ein Elch! Als wir anhalten, haut er aber ab. Egal, ich bin glücklich. Zwölf Norwegen-, zwei Finnland- und ein Schwedenurlaub ohne Elch … und jetzt stand er einfach da! Langsam fahren wir weiter. Rechts! Noch einer. Eine Elchkuh. Jetzt halten wir und machen den Motor aus. Die Scheiben sind unten, wir sind ganz leise und warten. Sie schaut eine Weile, dann frisst sie weiter und kommt beim Fressen in unsere Richtung, immer näher, schaut immer wieder zu uns, ist aber ganz entspannt. Direkt hinter uns läuft sie dann auf die andere Straßenseite. Wieder frisst sie weiter, läuft ein Stück in den Wald hinein, kommt dann aber wieder fressend auf unser Auto zu. Dann steht sie direkt neben uns, gerade mal 4 Meter entfernt und schaut in unser Auto rein.

Ich kann unser Glück kaum fassen, bin selig und habe ein Honigkuchenpferdgrinsen im Gesicht. Meine Tochter macht einen kleinen Quietscher vor Freude, was die Elchkuh veranlasst, nun doch im Wald zu verschwinden, aber ganz entspannt, ohne Panik geht sie in leichtem Trab weg. Wahnsinn!!! Meine Güte, wir sind alle echt geflasht, so ein tolles Erlebnis. Wir fahren zurück ins gemütliche Häuschen (mit unterwegs einer dritten, aber kurzen Elchsichtung), mein Sohn holt nochmal Wasser am See… einfach toll hier.