Sorgerecht in Norwegen

[manestrale]

Hallo zusammen,

kann mir jemand weiterhelfen in Bezug auf das norwegische Sorgerecht?
Mein Freund (Norweger u.wohnt dort auch) hat sich kürzlich von seiner Freundin (Norwegerin u.wohnt auch dort) getrennt - sie haben eine gemeinsame 3,5jährige Tochter. Mein Freund liebt diese über alles und möchte sie natürlich gerne so oft es geht bei sich haben. Seine Ex-Freundin droht ihm jedoch, dass wenn es bei der Trennung bleibt er seine Tochter nur mittwochs und jedes 2.Wochenende sehen darf.
Eigentlich besteht in Norwegen ja 50% Sorgerecht für beide Elternteile, oder? Auch wenn sie nie verheiratet waren!?
Habe auch mal gehört, dass "der Schuss" für sie ganz schön nach hinten los gehen kann, wenn sie ihm so Drohungen macht...
Kann mir jemand sagen, wie er sich am Besten verhalten soll und was er tun kann? Ich wäre wirklich SEHR dankbar für alle Auskünfte die ich bekommen kann! Es "brennt" wirklich gerade...

Vielen Dank schon mal.... tussen takk!!!
Nicole

[Susanne]

Hei,

dieselbe Frage hattest du vor ein paar Monaten doch schon einmal gestellt... klick mich ganz sanft... und soweit ich weiss, hat sich das Sorgerecht nicht geändert... eine bessere Antwort als die von "snowstorm" Patricia wirst du kaum bekommen können!

Hilsen
Susanne

[manestrale]

Hallo Susanne,

ja du hast Recht - ich habe vor ca. einem 3/4 Jahr bereits über dieses Thema hier angefragt. Aber ich hatte auf die Antwort von der Patricia noch ein paar Fragen, die sie mir leider nicht beantwortete.
Mittlerweile hat sich die Situation geändert: mein Freund hat sich jetzt von der Mutter seiner Tochter getrennt und ist ausgezogen. Sie will ihm die Tochter jetzt nur mittwochs und jedes 2.Wochenende geben.
Ich wollte hier einfach nur nochmal nachfragen ob mir evtl. jemanden über Erfahrungen berichten könne, die er vielleicht selber schon gemacht hatte.
Ich hatte schon ausführlich im Internet recherchiert bzgl. Sorgerecht. Es gibt auch jede Menge Foren auf denen man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann - leider betrifft das allerdings nur das deutsche Recht und nicht das norwegische
Ich wäre also wirklich sehr dankbar, wenn es hier jemanden gäbe der bereits solche Erfahrungen gemacht hat..... ansonsten war es auf jeden Fall ein Versuch wert..

Danke Nicole

[snowstorm]

Hallo Nicole!
Wenn du noch Fragen hast sollen die dir beantwortet werden.

Streit ums Kind. Allererste Regel: die Interessen des Kindes stehen im Mittelpunkt. Nicht die der Eltern.

Also, nach wie vor weiss ich nicht, ob die beiden (dein Freund und seine Ex) gemeinsames Sorgerecht haben. Falls ja, kann sie es ihm nicht plötzlich entziehen so à là "er ist weg, dann will ich aber auch nicht mehr mitspielen".
Sobald samboer Kinder bekommen, haben sie bei Auflösung der Beziehung (samlivsbrudd) die Pflicht zum "mekling". Auf Deutsch würde ich es ausdrücken, dass sie zur Mediation (nicht Meditation bitte) müssen. Da wird dann durch eine neutrale Person versucht, mit Hinblick auf das Kind, das weitere Verhältnis zwischen den beiden zu organisieren. Möglichst friedlich natürlich.

Was das Finanzielle angeht: falls einer der beiden ein Einkommen von unter NOK 230.000 hat, hat derjenige Recht auf kostenlose Rechtsberatung (fri rettshjelp) und dann versucht der/die Anwalt/Anwälte auseinander zu dividieren wem was gehört, soweit es da Zank gibt.

Gemeinsames Sorgerecht: Beide entscheiden gemeinsam über die grundlegenden Dinge, z.B. in welchen Kindergarten das Kind kommt, welche Religionszugehörigkeit es hat usw.

Aber das ist ja meistens, wie auch in diesem Fall nicht der Knackpunkt.

Ich gehe mal von der Standardsituation aus (gemeinsames Sorgerecht, sie hat sich vor allem in der Babyzeit um die Kleine gekümmert, womöglich sogar nach der permisjonstid etc pp.) Sie hat also i.a. R. hovedansvar, d.h. das Kind lebt bei ihr und er hat das Umgangsecht.

Sein Umgangsrecht (samværsrett) wird vermutlich ebenfalls der Standardregelung folgen. Und da muss ich sagen wird dein Freund schwer enttäuscht werden.
Du kannst die gesamte Rechtlage rund ums norwegische Recht lesen bei http://www.lovdata.no. Einige Texte, wie auch dieser sind auf nynorsk, aber daran soll's ja nicht scheitern.
Derzeitige Gesetzeslage nach § 43 barneloven:

Jedes 2. Wochenende, ein Nachmittag pro Woche, 14 Tage Ferien sowie Weihnachten oder Ostern. Nicht mehr (oder weniger).

Darüber hinaus steht es den Eltern frei individuelle Absprachen zu treffen, die dann auch bindend sind. Diese Absprachen werden freiwillig getroffen, vermutlich stehen sich die beiden Ex-Partner dann aber nicht feindlich gegenüber. In der Kinderfrage erleichtert das die Sache selbstverständlich ungemein.

Es tut mir leid, dein Freund hat schlechte Karten was das die Ausweitung des Umgangsrechtes angeht. Für eine Erweiterung dieses Rechtes muss man schon gute Gründe haben und wenn die beiden sich zanken, sieht es da mau aus.

Gruss Patricia

[snowstorm]

Habe noch was vergessen:

Er kann sich bei http://www.aleneforeldreforeningen.no mal durchwursteln. Ich gebe zu, dieser Verein steht wohl eher auf der Mütterseite, aber da kann dein Freund sicherlich viel aus der Praxis erfahren.

Ich habe ein bisschen Kenntnis, wie sehr man sich auch in Norwegen ums Kind streiten kann. Wir sind alle Menschen und oft genug ist das Kind nur der Katalysator für Zoff, der zwischen den Eltern besteht. Verletzte Eitelkeit und verletzte Gefühle. Da wird es für viele schwer zwischen dem Besten für sich und dem Besten für das gemeinsame Kind zu unterscheiden.

Ich kenne mehrere wirklich haarsträubende Fälle um dieses Thema. Z.B. wo der Vater den Sohn freitags im Kindergarten abholt und die Mutter Kinderwagen und Autositz dalässt, damit die beiden sich nicht mehr begegnen müssen. Leute, die praktisch mit der Stoppuhr da sitzen, ob das Kind wirklich um 18.00 Uhr und nicht 18.01 abgeliefert wird. Wo ein Vater mit 2 Autos von der Mutter ohne fahrbaren Untersatz verlangt, sie soll doch die Kinder jedes 2. mal bringen. Zur Not halt mit dem Taxi. (in Norwegen ist auch haarklein geregelt wie es mit der Holen/Bringen Sache aussieht und die Kosten dafür).
Leute mit Hochschulabschluss können da genauso blöd (sorry für den Ausdruck) sein wie jemand der die Grundschule abgebrochen hat. Echt unglaublich.

Dein Freund sollte also versuchen sich mit der Ex zu einigen - und vor allem Streit zu vermeiden. Da wird sie dann auch auf stur schalten. Wenn man vernünftig miteinander reden kann wird sich auch eine vernünftige Regelung finden. Sie vielleicht damit locken, dass sie durch mehr Umgangsrecht für ihn ja auch entlastet wird.

Viel Glück
Patricia

[manestrale]

Hallo Patricia,

vielen Dank für eine so ausführliche Antwort und die Links. Auch wenn es nicht gerade rosige Aussichten für meinen Freund sind.
Er versucht wirklich alles, dass es eine friedliche Einigung gibt. Aber sie möchte halt, dass er bei ihr bleibt; und das einzigste mit was sie ihn halten könnte ist eben die gemeinsame Tochter! Echt traurig wie man so sein kann.

Trotzdem vielen Dank nochmal...
Liebe Grüße aus Tyskland...Nicole