von herbert » So, 30. Dez 2007, 15:45
Hallo !
Ich war vom 15. bis 26.12.2007 mit der MS Polarlys zwischen Bergen -
Kirkenes - Bergen unterwegs. Als wir am 18.12. in Bodø lagen, kam die
Meldung durch, dass 2 Hurtigrutenschiffe die Tour Richtung Kirkenes wegen
Sturm abgebrochen hätten und in Honningsvåg liegen. Die Crew
hielt so ein Ende auch für die Polarlys möglich, wenn sich das Wetter
nicht ändern sollte. Gottseidank beruhigte es sich etwas, sodass ich doch
noch in Kirkenes ankam. Jedoch gab es im Lopphavet (zwischen Skjervøy und
Øksfjord) einen brutalen Seegang. Der Kapitän beurteilte die Wind-
stärke mit 10 Beaufort (24,5 bis 28,4 m/sec). Die MS Polarlys wurde trotz
Stabilisatoren und ihrer 123 m Länge zum Spielball der Naturgewalten.
Und das ist eine Wucht. Wenn man genug Vertrauen ins Material hat, kann man
eine Berg- und Talfahrt erleben, die einem in keinem Vergnügungs-
park geboten werden kann. Ich habe dieses 2-stündige Spektakel vom Fenster
in der Kabine aus mit verfolgt. Ins Freie gehen war unmöglich. Man brachte ob
der tosenden Sturmböen nicht einmal die Tür auf's Freideck auf. Die Wellentäler
waren gigantisch. Einmal war man mit der Wasserlinie auf Augenhöhe, um im
nächsten Augenblick aufzusteigen und weit hinunter aufs Wasser blicken zu müssen.
Die Polarlys drehte sich um alle möglichen Achsen, kam aber trotzdem nicht vom Kurs ab.
Ansonsten war die Fahrt für mich eine kleine Enttäuschung. Nicht wegen
dem Schiff - wunderschön, nicht wegen der Crew - ausgesprochen
freundlich und fürsorglich, nicht wegen der aufregenden Natur, sondern
weil sich der Klimawandel auf Norwegen anscheinend schon drastischer
auswirkt, als es bei uns in Österreich z.B. derzeit der Fall ist.
Ich habe die Reise deshalb im Dezember gewählt, weil ich die Polarnacht,
das Nordlicht, viel Schnee und Temperaturen um die -20 bis 30° erleben
wollte. Erlebt habe ich nur die Polarnacht. Ansonsten Plustemperaturen u. Regen
(z.B. Sandnessjøn, nördl. des Polarkreises am 24.12. +8° und strömender
Regen, nicht ein bißchen Schnee). Selbst in Kirkenes gab es
nur -2° und gerade soviel Schnee, dass die Berge etwas weiß waren.
Sowohl die Schlittenhundefahrt in Tromsø am 19.12. (+3° Schneeregen),
als auch die Fahrt mit einem Motorschlitten auf einem Fjord in Kirkenes
konnten wegen Schneemangels und zu warmen Temperaturen nicht
durch geführt werden. Es ist mir schon klar, dass das Polarlicht nicht auf
Bestellung leuchtet. Aber die Verhältnisse waren so negativ, dass
nicht die mindeste Chance bestand, dass es doch einmal zufällig über den
Himmel jagen würde.
So werde ich wohl ein weiteres Mal in den hohen Norden fahren müssen, um doch
noch dieses herrliche Phänomen erleben zu können. Dann werde ich
mich sicher für einige Tage in Kirkenes einquartieren, und erst dann abreisen, wenn
das "Polarlys" seine mystischen Spiele am nächtlichen Polarhimmel abgehalten hat.
Zlöbl Herbert
Steiermark/Österreich