
Hallo, liebe Forum-Freunde und Bärbel + Christoph NarVikinger + Fritz und alle anderen,
ich versprach, meinen Reisebericht der etwas anderen Art zu erstellen. Habe ich gerade beendet - sorry, wurde etwas länger (vielleicht musste ich mir einiges von der Seele schreiben

WOZU DAS INTERNET –MANCHMAL – NÜTZLICH SEIN KANN .....
Die Story begann am 24. April 2005 von einem „captain4you“ mit einer Email: "Hello there .. Would you be interested in mailing with me? Have a nice day!"
Und darunter:
"Sie möchten wissen, wer Sie kennenlernen möchte? Um sich das Profil des Absenders anzusehen, bitte hier klicken (falls vorhanden)"
Ich klickte und sah ich auf dem Bildschirm den Hinweis „Profil zur Genehmigung noch nicht freigegeben“ ....
Da diese Mails damals verschlüsselt weitergeleitet wurden, antwortete ich, dass ich gern mailen würde. Kurz darauf schrieb er mir Namen, Beruf und Wohnort – und sandte ein Bild: es zeigte ihn an Bord einer Segeljacht. Mein angeborenes Interesse ließ mich sofort googeln, und ich fand schnell seinen Heimatort heraus: direkt im Rücken der „Sov Sostre“ in Helgeland. Er gab mir auch die URL seiner Homepage, so dass ich danach einiges von dem verifizieren konnte, was er mir über sich bekanntgab. - Was mich am meisten berührte, war die Tatsache, dass er mich von Anfang an seinen derzeitigen Vorhaben und Plänen für Pfingsten und Sommer teilhaben ließ. Seine Mails waren nie persönlich oder anmaßend. Ich bin eher ein extrovertierter Typ (Zwilling), er – nach Mails, Telefonaten und Chats zu urteilen – eher ein typischer Norweger – wortkarg und verschlossen. So bremste ich mich einfach ein bisschen, und ich denke, das brachte ihn mir schon im Vorfeld sehr nahe gebracht.
Die nächsten 3 Wochen vergingen so im Flug. Täglich tauschten wir Mails, Telefonate und Bilder aus. Auch private Chats nutzten wir intensiv. – Mitte Mai fragte er mit nach meinen Urlaubsplänen. Da ich im Februar zwei Wochen in Marbella bei Freunden war, stand für Juli und August bei mir nichts an. Das sagte ich ihm, seine Frage war, ob ich Lust hätte, für ein oder zwei Wochen nach Norwegen zu ihm auf Besuch zu kommen..... Und eigenartigerweise hatte ich einfach ein gutes (Bauch-)Gefühl, „Ja“ zu sagen. So prüfte ich günstige Flüge, teilte ihm diese mit – alternativ für 7, 9 oder 14 Tage -. Seine Antwort „Why not take the 14 days’ alternative?”
Nach Flugbuchung und gleichzeitiger Info an ihn kamen einige herzliche Nachrichten. Er würde sich freuen, mich kennenzulernen, und gern mit mir auf seinem Segelkreuzer einige Ausflüge in den Fjorden um seine Heimatgegend unternehmen. So gingen Mai und Juni schnell mit Vorfreude, Arbeit und Reisevorbereitungen vorbei. Ende Juni war er einige Wochen in Oslo, um das neue Segelschiff abzuholen bzw. GPS/Navigation einbauen zu lassen. Leider verzögerte sich einiges – deshalb konnte er seinen ursprünglichen Plan, mich in Trondheim abzuholen und weiter in Richtung Norden zu segeln, nicht durchführen. Um den 15. Juli bekam ich die Nachricht, dass ich per Bahn bis zum Zielort fahren müsse. Er hatte mir jedoch alle NSB-Tickets und Platzreservierungen per Brief geschickt, was ich als sehr fürsorglich empfand.
Ich hatte meiner Schwester und Familie einiges über „diesen netten Menschen“ erzählt, ihnen Bild, Adresse und genauen Reiseplan überlassen, damit sie wussten, wohin und zu wem meine Sommerreise gehen sollte. Nach meinen Gefühlen oder Ängsten gefragt, gestehe ich gern ein – ich hatte weder Bauchgrimmen noch irgendwelche größeren Skrupel, mich auf diese Tour zu begeben. Dafür wusste ich inzwischen zu viele Dinge über ihn .... – Sehr gefreut habe ich mich über die Nachrichten aus dem „Norwegen-Freunde-Forum“, die mir zur Vorsicht rieten. Das war o.k., meine Erfahrungen waren zum Glück – na ja, siehe unten.
Und dann nahm die Reise ihren Verlauf . . .
Am 20. Juli startete ich meine Tour aus dem Harzvorland in Richtung Norge, bis Mo i Rana. Ich war fast 26 Std. mit Bahn und Flugzeug unterwegs, bis ich am Morgen darauf dem Nachtzug entschwebte. Und wer wartete??? – Niemand – er hatte mich im Zug angerufen und mitgeteilt, dass er aufgrund Zeitdrucks etwas später kommen würde. So setzte ich mich in die Morgensonne, genoss den herrlichen Sonnenschein und die ersten Ausblicke. 30 Minuten kam er dann. Den Wagentyp und die Farbe wusste ich, so dass es keine Verwechslung gab. Begrüßung und Koffer einladen waren schnell erledigt. Und so fuhren wir eine landschaftlich herrliche Route in Richtung Südwesten.
Nach einem ausgedehnten Freiluft-Picknick an einem schönen Aussichtspunkt waren wir am frühen Vormittag bei ihm zuhause. Er zeigte mir sein Haus, den Garten – mir war, als hätte ich das alles schon jahrelang gekannt. Gemütlich, typisch „hyggelig“ nordisch, viel Holz, alle modernen Geräte in der Küche, moderne Kommunikationsmittel - und auf meinen Wunsch hin ein Gästezimmer!
Am ersten Tag blieben wir – bis auf einen kurzen Spaziergang am Nachmittag – im Hause. Doch bereits am nächsten Morgen begannen die Ausflugstouren. So ging es u. a. ueber Levang - Nesna nach Mo i Rana und dann am Polarkreis. Muecken und starker Regen verdarben uns jedoch diese schöne Natur am Saltfjellet etwas. Nichtsdestotrotz war es toll, und "er" schleifte mich jeden Tag irgendwo hin. Am 2. Tag kletterten wir auf den kleineren Bruder vom "Breitinden" (Sov Sostre). Ich bin keine Bergziege, musste es jedoch bei diesem Aufgang lernen. Der Blick aus ca. 400 m Hoehe war allerdings überwältigend und ließ mich zitternde Knie und Höhenangst vergessen!
Ab und an war ich im Haus allein – was ich dann auch genießen konnte -; er lag dann mit Bruder und Monteur im Bauch seiner Jacht, um die defekte Dieselpumpe zu reparieren bzw. Ersatzteile einzubauen. Ich genoss die herrliche Aussicht auf die direkt vor mir liegende Donna-Insel, und ich musste mich nicht mal vom Stuhl erheben. Leider spielte uns das Wetter so manchen Streich, und in den knapp zwei Wochen herrschten oft Regen und recht niedrige Temperaturen. Doch Spaziergänge und Autofahrten unternahmen wir trotz allem, und hinter jeder Kurve entdeckte ich neue Schönheiten und die Vielfältigkeit dieser Landschaft.
Am Ende der 1. Urlaubswoche hatte er dann eine weitere „Überraschung“ für mich bereit: Aufstieg auf den „Botnkrona“, eine andere Bergspitze der Sov Sostre. Nach ca. 350 Höhenmetern ging es bei mir nicht mehr weiter. Der Aufstieg ging größenteils auf einem sehr schmalen Pfad steil nach oben, und meine Höhenangst steigerte sich diesmal, da sich links und rechts schroff abfallende Felswände von 200, 300 m Tiefe befanden. Auf Höhe des Wasserfalls und eines kleinen Sees gab ich auf. Doch Sicherheit und Gesundheit waren wichtiger; deshalb keine Einwände seinerseits.
Zum Ende meines Aufenthaltes gingen wir in Sandnessjoen an Bord der M/F „Nordlys“ der Hurtigruten-Linie – 3 ½ Stunden Fahrt bis Bronnoysund. Das Wetter klarte auf, es wurde sonnig - und am Zielort schauten wir uns den hübschen kleinen Ort mit Marina, Fähranleger und Stadtzentrum an. Mir gefiel jedoch sein Heimatort besser.
Am 02.08. begann dann mein 1,5-Tage-Ruecktrip nach Deutschland, der am späten Abend des nächsten Tages endete.
Diese 12 Tage haben – vielleicht – mein Leben und meine Zukunft verändert. Muss sich alles erst mal ein bissel setzen. Habe viel gesehen, bin viel rumgekommen. Glueck, dass mein Gastgeber (ach, war da mehr?) Norweger ist, der in seiner Heimatstadt bekannt und beliebt ist und ich diesen Vorteil teilen durfte.
Kurz nach meiner Rückkehr kam ein Anruf von meinem Bekannten (oder Freund oder Herzallerliebsten – war der mehr??), ob ich schon zuhause sei. Ich hatte gerade den PC eingeschaltet, um mich bei ihm für den Aufenthalt zu bedanken. Er hat sich wohl Sorgen gemacht, weil ich mich von unterwegs nicht gemeldet hatte.
Natürlich fehlt er mir – natürlich wäre ich lieber geblieben, doch wie soll ich „Hallo“ sagen, wenn ich nicht vorher „Auf Wiedersehen“ gesagt habe? So plane ich schon wieder..... Mitte Oktober sind in Niedersachsen Herbstferien, günstige Flüge bietet Norwegian ab Berlin auch an.... was will ich mehr?
In diesem Sinne, Danke, falls Ihr es mit dem Lesen bis hierher geschafft habt, Conny – die jetzt weiß, dass manchmal Internet und Bestimmung oder Schicksal doch eine Wellenlänge haben
