Hei Seefahrer,
Christoph hat geschrieben: das ist ja eine sehr genaue Beobachtung, die Du da gemacht hast, und eine interessante Theorie.
Nun, das war eine (nun unhaltbare) Theorie, die ich aufgrund des veröffentlichten Bildmaterials in Zusammenhang mit den Kollisionsverhütungsregeln (KVR) aufzubauen versucht habe.
Nach erneuter Interpretation des Helligkeitsstatus auf den Bildern kommt man auch zu dem Schluss, dass nachts die roten Lichter mit 2 schwarzen Bällen und tagsüber 3 schwarze Bälle entspr. des Status korrekt gesetzt waren.
Ich wollte einfach nicht glauben, dass in dieser weit und breit gefahrlosen Hauptfahrrinne, gerade diese ca. 25 x 10 m große flache Schäre mit großer Steinvarde am Rande der Hauptfahrrinne als navigationsfehlerbedingter Kollisionspunkt herhalten musste.
AndreasP hat geschrieben: ......., aber die Grömitz ist in Fahrt auf den Felsen aufgelaufen! Zum einen weiß ich das aus sicherer Quelle und zum anderen zeigt sich das an den Beschädigungen, ein Auflaufen ohne Fahrt würde nicht diese Schäden vor allem am Vorsteven hervorrufen.
Ich war (zweifelnd) und inzwischen bin ich völlig deiner Meinung!
Nach heutiger Info ist das Boot mit einer Kontaktfläche von ca. 2,5 m² aufgelaufen plus Bugkollision mit dieser tonneschweren Steinvarde.
Das geht nur mit scharfer Fahrt!
AndreasP hat geschrieben: Desweiteren sollen zum Unglückszeitpunkt 40 kn Wind und dichtes Schneetreiben gewesen sein, .......
Ja, auch diese Info habe ich erst heute erhalten: tiefe Dunkelheit mit sehr dichtem Schneetreiben bei Hochwasser; das könnte einiges erklären, aber.....
AndreasP hat geschrieben: Desweiteren sollen zum Unglückszeitpunkt 40 kn Wind und dichtes Schneetreiben gewesen sein, da sieht man die Steinvarde mit eventuellem Radarreflektor nicht so schnell auf dem Radar.
Ich kann nachvollziehen, wenn sich Schnee oder Eis auf der Radarantenne festsetzt, dass dies zu verspäteten Signalen führt und man ggf. nicht mehr viel erkennt.
Gibt es wirklich keine thermischen o.ä. Hilfen, um das Radar einigermaßen funktionsbereit zu halten?
Aber bitte, erkläre doch einem Laien, wie mir, welche Hilfsmittel dann parallel zum Radar zur Navigation bei (fast) Null-Sicht eingesetzt werden
Mir fällt bei diesen Sichtbedingungen nur
- die „satellitengestützte GPS-Navigation“
und ggf. redundant eingesetzte
- AIS - mit internen GPS-gestützten Antennen (?)
ein.
und das alles
- bei langsamer Fahrt
Verstehen würde ich diese mögliche Navigations-Redundanz trotzdem nicht, denn wenn das GPS-System aus irgendwelche Gründen lahmgelegt ist, sind doch beide Navigation-Systeme nicht nutzbar – oder?
Dann verbleibt Karten-Navigation und Kompass....nicht wirklich oder (?)
Aber, wenn ich z.B. daran denke, dass uns letzte Woche die Hurtigruten durch z.T. extrem enge (42 m) und kurvige Schärensunde z.B. an der Helgelandsküste bei bestem Wetter geschippert hat, bin ich ganz beeindruckt; wie lösen die das bei üblichem schlechten Wetter, wie Nebel, Regen, Wind und Schnee und bei < -5°C auf der Radarantenne – also bei (fast) Null-Sicht?
Grundsitzer hatten die, glaube ich, schon lange keine mehr – nur eine Grundberührung zuletzt in der Antarktis.
Vertrauen die Hurtigruten wirklich nur auf GPS-Navigation und mit viel lokaler Kenntnis der Mannschaft unterstützend auf Echolot im engen Sund bei Sicht (fast) Null - ?
Christoph hat geschrieben: Wo kann man denn mal später das Ergebnis einer wohl anlaufenden Untersuchung nachlesen?
Die Zuständigkeit ist mir nicht ganz klar.
In der kommerziellen Schifffahrt ist für die Seeunfallursachenermittlung die neu gegründete Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg zuständig; auf der BSU-HP werden die Abschlussberichte von Seeunfällen auch veröffentlicht.
Hier handelt es sich aber um ein Marinefahrzeug, welches bis zum Juni 2007 unter Nata-Kommando steht.
Bislang wurde publiziert:
„Der Havariebeauftragte der Bundesmarine beim Marineamt in Rostock hat die Ermittlungen zur Strandungsursache des 660 Tonnen großen Minenjadgdbootes "Grömitz" übernommen.“
Ich vermute einmal, dass hierzu kein Bericht veröffentlicht wird – es fällt wohl in die Rubrik „streng geheim“ bei den NATO-Partnern.
Nach derzeitiger Faktenlage schließe ich mich uneingeschränkt den Ausführungen von AndreasP an – auf Details im Report kann ich verzichten.

Bernd hat geschrieben: Stellt sich mir noch die Frage, warum so viel Speed
Bei schlechter Sicht und dichtem Schneetreiben in solchem Fahrwasser äußerst unangebracht
Das sehe ich ebenso!!
Ja, bei tiefer Dunkelheit, Wind mit 40 kn, dichtem Schneetreiben, Hochwasser, kaum funktionierendem Radar etc. – mindestens sehr gewagt.
Und ich denke, die Frage warum so viel Speed, ist ganz einfach zu erklären und nicht unüblich bei Fahrten im NATO-Verband im norwegischen Fahrwasser.
Ich bin mir sicher, dass die norwegischen Jungs (auf Minenjäger "Hinnoy", die mit der Grömitz im Verband fuhr) den deutschen Marines in ihren Heimatgewässern – (zumal es die „easy Hauptfahrrinne“ war, im Gegensatz zum „Schären-/Untiefensuchen“ außerhalb der Hauptrinne, die jedem die Scheißperlen auf die Stirn treibt, auch den Norwegern; hier laufen auch norwegische Marine-Boote auf) - einmal zeigen wollten, wer der „Schumacher“ in der norwegischen Küstenrinne, wer als Erster in Bergen ist und wer dann das Bier an den Bryggen zahlt.

))
Schätze mal den Speed der "Hinnoy" auf 30-40 kn.
Menschlich vielleicht noch irgendwo nachvollziehbar; aber ich möchte nicht in der Haut des Grömitz-Kommandanten stecken, der diese grobe Fahrlässigkeit zu verantworten und zu erklären hat.
Bernd hat geschrieben: Wir werden es vermutlich nie genau erfahren
Richtig, aber mir reichen die Ergebnisse in diesem thread völlig und stufe das nun als institutionsbedingte Fahrlässigkeit ein und kann nur hoffen, dass dies im kommerziellen qualifizierten Schiffsverkehr ein Novum ist.
Ich wollte nur verstehen, was die Ursache war, damit ich weiterhin meine geliebten Schiffchen nach/in Norwegen bei „Wind und Wetter“ ohne größere Sorge nutzen kann – ok., die eingeschränkt funktionstüchtige Radarantenne bei Eis und Schnee besorgt mich jetzt schon etwas bei sehr schlechter Sicht – ich werde dann ein mal nächsten Monat auf die Color-Line Brücke stolpern und mir die „vereiste Radarantenne“ bei „Null-Sicht“ erklären lassen.
Was ich auch noch gelernt habe:
Nur noch Hütten abseits der Hauptfahrrinne benutzen, denn sonst könnte ein auf Verfolgungsjagd befindliches Fahrzeug der Marine mir ins Wohnzimmer rutschen.
Viele Grüße und danke an euch alle für die interessante und für mich erhellende Diskussion!
Jürgen